Vor der zweiten Differenzberatung zur BVG-Reform und der Schlussabstimmung nimmt die IZS Stellung zum aktuellen Stand der Reform.
Stellungnahme zum Stand der BVG-Reform
Die IZS ist politisch neutral und unabhängig von den Fachverbänden. Vorstand und Mitglieder setzen sich aus Fachleuten der Beruflichen Vorsorge sowie weiteren interessierten Kreisen zusammen.
Die IZS und ihre Mitglieder haben sich in den letzten Jahren intensiv und aus unterschiedlicher Perspektive mit den BVG-Reformvorschlägen auseinandergesetzt. Mit dieser Stellungnahme möchten wir einen Beitrag zur aktuellen Diskussion leisten, indem wir das Augenmerk auf einige Aspekte der Reform richten, welche nicht vernachlässigt werden sollten.
Wir hoffen, dass die Stellungnahme Ihr Interesse findet und für Ihre Informationstätigkeit von Nutzen ist.
Josef Bachmann, Präsident / 9.3.2023
BVG-Reform: Das Ziel aus den Augen verloren
(IZS) Nach dreijähriger Beratung steht die parlamentarische Beratung der BVG-Reform vor ihrem Abschluss. Auslöser der Reform bildete die dringend notwendige Verminderung des Mindest-Umwandlungssatzes. Die Senkung auf 6 Prozent ist beschlossen, aber versicherungstechnisch ungenügend. Damit bleibt die berufliche Vorsorge eine Baustelle.
Die Reform sieht die sofortige Senkung des Umwandlungssatzes ohne Übergangsfrist vor. Um die damit verbundene gesetzliche Leistungseinbusse auszugleichen, sind Ausgleichsmassnahmen vorgesehen. Allerdings sind lediglich rund 15 Prozent der Versicherten direkt von der Senkung betroffen. Das Parlament sieht jedoch Kompensationen für ca. 50 Prozent aller Versicherten vor. Damit ist ein Leistungsausbau verbunden, der nicht dem Auftrag entspricht.
Das ist ein politischer Entscheid, dessen Notwendigkeit wir bezweifeln. Er wird die bereits bestehende Umverteilung zwischen den Generationen nochmals verstärken und legitimieren, statt reduzieren.
Die Einführung von teilweise durch Lohnprozente finanzierte Rentenzulagen zur Kompensation widerspricht dem Grundgedanken der individuellen Vermögensbildung und droht, die bewährte und stabilisierende Wirkung der Trennung von erster und zweiter Säule aufzulösen. Schlagworte wie «Solidarität» und «Gerechtigkeit» können darüber nicht hinwegtäuschen. Die 2. Säule enthält bereits weitgehende Solidaritätselemente zwischen Aktiven und Rentnern. Sie sind nicht weiter zu verstärken.
Die Einführung von kollektiv erhobenen Lohnprozenten als neuem Finanzierungsinstrument wird die Komplexität des BVG zudem nochmals verstärken. Die absehbaren Folgen sind steigende Kosten für die Verwaltung und eine Überforderung der meisten Versicherten beim Verständnis ihrer Vorsorge. Die Skepsis und die verbreiteten Ängste zur Altersvorsorge auch bei den Jungen werden weiter zunehmen.
Schliesslich ist die vielgehörte Forderung nach besseren Leistungen für Geringverdienende und Mehrfachbeschäftigte zu nennen, die in den Beratungen einen grossen Raum einnehmen, und die grundsätzlich berechtigt ist. Die Senkung des Koordinationsabzugs bietet dazu den einfachsten Weg. Hinzugekommen ist die Senkung der Eintrittsschwelle. Damit wird über das Ziel hinausgeschossen. Auch aus Arbeitnehmerkreisen wird dazu Kritik laut. Die Frage muss erlaubt sein, ob die berufliche Vorsorge geeignet ist, die Vorsorge von Bezügern kleiner und kleinster Einkommen zu verbessern. Es scheint, dass hier der politische Ehrgeiz zum Ausdruck kommt und weniger der nachgewiesene Bedarf und die Wünsche der betroffenen Erwerbstätigen.
Die Reform ist das Opfer parteipolitischer Bestrebungen geworden. Die versicherungstechnisch notwendigen Anpassungen hätten mit weit geringerem Aufwand vorgenommen werden können. Echte Innovationen bietet die Reform nicht. Man dreht an falschen Schrauben und kümmert sich wenig um die Bedürfnisse der grossen Mehrheit, die von der Senkung nicht betroffen ist. Man lastet ihnen vielmehr neue Umverteilungskosten auf. Ein enttäuschendes Fazit nach so vielen Diskussionen.